Buchtipps aus der Bilderbuchredaktion

Eva, Lisa, Fabienne und Saskia waren fleißig und haben zahlreiche Bilderbücher im Mai besprochen.

Wo ist Ella Eule?

Pappbilderbuch ab 12 Monaten
von Yayo Kawamura
Coppenrath 2018

Ella Eule ist eine sehr mutige und abenteuerlustige kleine Eule. Sie erlebt so allerhand auf den fünf Doppelseiten, bis der Tag anbricht, dann heißt es Schlafenszeit.

Besonders hervorzuheben ist in diesem Pappbilderbuch die Gestaltung. Ella Eule ist auf jeder Seite auf den ersten Blick schwer zu sehen, denn der Fokus liegt hierbei auf das Fühlen. Beim Druck wurde Ella Eule durch die Samtabbildung fühlbar gemacht. Leider ist der übrige Buchdruck verbesserungswürdig, da bereits nach dreimaliger Betrachtung die Seiten leichte Gebrauchsspuren aufweisen.

Die Illustrationen zeigen je ein großes Themenbild mit vielen kleinen Eulen im nächtlichen Geschehen. Dabei werden verschiedene Situationen dargestellt, die Eulen erleben können. Die bewusste Farbwahl von einem tiefen Blau für die Nacht, schwarz für die Umgebung, einem knalligen Orange dezent für Akzente eingesetzt, weiß für den Mond und die Augen der Eulen, sowie Silber für Highlights ergeben in der Kombination ein sehr ausdrucksstarkes Bild. Wenn über die schnelle Abnutzbarkeit hinweggesehen wird, ist dieses Pappbilderbuch ein gelungenes und stimmiges Werk, für das ich 4 Sterne vergebe.

Eva Wimmer aus der Bilderbuchredaktion

Eddie Meisterdieb

Bilderbuch ab 4
von Eva Dax
illustriert von Sabine Dully
Oetinger 2018

Natürlich kürt man sein Bilderbuch des Jahres nicht schon Anfang des Jahres – allein schon deshalb, weil es sein könnte, dass das brillante Duo, das hinter diesem Juwel steckt, in den kommenden Monaten noch nachlegt. Aber mal ehrlich: eine fabelhaft witzige und toll gereimte Geschichte, fantastische Illustrationen mit unverwechselbarem Charme, dazu über fünfzig Klappen, die für zusätzliche Spannung und jede Menge Spaß sorgen … das neueste Meisterwerk von Dully & Dax sollte sich jedenfalls weder Klein noch Groß entgehen lassen!

Ein Dieb geht um im Wald: Als dem Fuchs in einer dunklen Nacht die Decke gestohlen wird, hat er auch sofort einen Verdacht – denn so klauen kann nur Eddie Meisterdieb. Doch wohin kann der nur geflohen sein? Seine Verfolgungsjagd führt den Fuchs in die Kanalisation, und tatsächlich hat auch dort der Dieb zugeschlagen! Die beklaute Ratte schließt sich dem Fuchs bei seiner Suche an, und als sie durch die Rohre ins Meer gelangen, klinkt sich auch noch ein Tintenfisch, der dank Eddie nun eine Socke zu wenig hat, bei den beiden ein. Doch Fahndungsplakate in der Stadt, Befragungen und selbst Karatekurse bringen die Tiere nicht weiter – nur neue Opfer tauchen überall auf! Ein Papagei, dem das Federkleid gemopst wurde, und ein Krokodil, dem die Zähne fehlen, dann auch noch die Bauernhofkatze … mächtig traurig sind die Tiere, als ihnen klar wird, dass Eddie zu schlau für sie ist und sich einfach nicht fangen lassen wird. Doch Moment – was ist denn das für ein fröhliches Gesinge und Geschrubbe am Fluss? Da haben sie sich wohl mächtig in Eddie, dem Waschbären, getäuscht …

Schon für sich genommen sind Bilder und Geschichte mehr als wunderbar, doch tatsächlich gibt es dank der Klappe noch so viel mehr zu entdecken: Die Eule, die in ihrer Baumhöhle einen Gruselfilm schaut; die Spinne im Stromkasten, eine Seepferdchenhochzeit unter Wasser, die Brieftaube im Briefkasten oder einen Pinguin, der sich in der Vorratstruhe des Eiswagens im Zoo versteckt. Den Wolf auf dem Hochsitz, das noch sehr lebendige Suppenhuhn im Topf, den Hamster in der Apfelkiste – und vor allem immer diese eine verflixte Klappe, durch die Eddie von einer Seite auf die nächste schlüpft und seinen Verfolgern ein ums andere Mal entwischt. Sattsehen kann man sich an diesem einzigartigen, mit so viel Leidenschaft und Herzblut gestalteten Bilderbuchschatz im Grunde nie, und die tierische Schar muss man vom ersten Aufschlagen der Seiten einfach lieb haben.

Ganz, ganz großes und famoses Bilderbuchkino – die einzige Konkurrenz für Dully & Dax sind eigentlich … Dax & Dully. Und irgendwie schaffen sie es jedes Mal aufs Neue, sich selbst zu übertreffen. 5 Sterne!

Fabienne Pfeiffer aus der Bilderbuchredaktion

Das große Fahrradfest

Wimmelbuch ab 4
von Alison Farrell
übersetzt von Leena Flegler
Gerstenberg 2018

Klar, dass sich in einem Ort wie Radhausen alles ums Fahrrad dreht – und das soll gefeiert werden! Bloß müssen für das große Fahrradfest dringend noch einige Einladungen verteilt werden. Und auch das Festkomitee ist mit der Planung noch ein wenig im Verzug: Wer zum Beispiel soll den Festzug am Abend anführen? Radhausen steht ein turbulenter Tag bevor …

Gut, dass Bürgermeister Schnecke sich bereiterklärt, selbst loszudüsen und die letzten Einladungen unter die Gäste zu bringen. Auf dem Bahnhofsvorplatz entdeckt er Eva Elefant, trifft aber auch jede Menge anderer eiliger Radler – vom Gorilla mit Handbike bis zum Schweinchen auf dem Hochrad. In der Innenstadt liefert der Büffel Tulpen mit dem Lastenrad aus, und auch der Umzugsdienst des Faultiers ist natürlich auf Rädern unterwegs zum nächsten Einsatz. Zum Glück kann Bürgermeister Schnecke auch das Hasentandem ausfindig machen und seine nächste Einladung überreichen. Auch im Park und bei den Imbissrädern wird er fündig – und noch viel mehr Kurioses entdecken aufmerksame Betrachter. Ob am Ende das fulminante Fest gelingt?

Natürlich tut es das! Vor allem ganz prächtig gelungen ist aber das wunderbare Bilderbuch – eine außergewöhnliche, beinahe schon exotische, kreative und witzige Wimmelgeschichte, die mit viel Liebe zum Detail in charmanten Bildern umgesetzt wird. Der Text regt zum Suchen der jeweiligen Gäste auf Bürgermeister Schneckes Liste an, doch auch andere Elemente wie etwa das stets irgendwo auftauchende Festkomitee ziehen sich über alle Seiten, und nicht zuletzt durch die lustigen Sprechblasen und allerhand kuriose Einfälle – von der Bananen-AG über die Kröte auf dem Amphibienrad bis hin zur Fahrradmonteurschule – laden zum Entdecken ein. Lernen kann man dazu ebenfalls eine Menge: Ganz hinten im Einband nämlich findet sich eine bemerkenswert detaillierte und spannende Fahrradkunde, die auch erwachsene Vorleser ins Staunen versetzen wird. 5 Sterne.

Fabienne Pfeiffer aus der Bilderbuchredaktion

Stummel – Ein Hasenkind wird groß

Vorlesebuch ab 5
von Max Bolliger
illustriert von Kathrin Schärer
Atlantis 2018

Stummel der kleine Hase ist zutiefst traurig, als die alte Häsin ihn als schwach und klein bezeichnet und erzählt, dass ihre Kinder viel prächtiger waren. Doch als er dann von seiner Hasenmutter erfährt, dass sie ihn so liebhat, wie er ist, geht es ihm wieder gut.

Er lernt von ihr, vor welchen Tieren er sich in Acht nehmen muss, welche Gefährlich sind. Doch ist der Fuchs wirklich gefährlich? Kann man am Äußeren erkennen wer lieb und wer böse ist? Und dann lernt Stummel Stoppel kennen. Einen weißen Schneehasen. Doch darf er sich mit diesem anfreunden, trotz anderem Aussehen?

Max Bollinger scheibt in Stummel – Ein Hasenkind wird groß auf ca. 140 Seiten über einen kleinen Hasen, der in jeder Geschichte etwas Neues erlebt. Die 41 relativ kurzen Geschichten schreiben über Freundschaft, Vertrauen, Angst etc. und sind leicht auf die Lebenswelt der Kinder zu übertragen.

Die Bilder von Kathrin Schärer sind dazu sehr passend und ausdrucksstark gestaltet und veranschaulichen die Geschehnisse. Ich vergebe 5 Sterne für ein Buch voller kurzer und aussagekräftiger Erzählungen und empfehle die Geschichten des kleinen Hasen, der immer älter wird für Kinder ab vier Jahren.

Lisa Fehr aus der Bilderbuchredaktion

Was wird aus uns? – Nachdenken über die Natur

Sachbuch ab 6
von Antje Damm
Moritz 2018

Wer ist stärker, der Mensch oder die Natur? Warum sind manche Tiere riesengroß, andere winzig? Warum regnet es? Sind giftige Pflanzen böse? Diese und viele weitere Fragen stellt das Buch „Was wird aus und?“ von Antje Damm.

Auf jeder Doppelseite findet sich eine Frage, gemeinsam mit einem Bild, das dazu anregt über die Frage nachzudenken. Die Fragen können dabei teilweise aus naturwissenschaftlicher Sicht beantwortet werden, teilweise sind es jedoch auch moralische oder persönliche Fragen, die jeder Mensch für sich beantworten muss, auf die es keine allgemeine „Lösung“ gibt.

Das Buch enthält auf seinen 140 Seiten keine Antworten, sondern stellt nur die Fragen und regt somit zum Nachforschen, Überlegen und Philosophieren an. Ich vergebe 4 Sterne für ein zum Nachdenken anregendes und teilweise durch Fragen und Bilder provozierendes Buch, dass die Sicht auf die Umwelt verändert.

Lisa Fehr aus der Bilderbuchredaktion

Finn und die Kobolde

Wimmelbuch ab 5
von Peter Goes
übersetzt von Verena Kiefer
Beltz & Gelberg 2018

Was sind das nur für fiese Kobolde, die sich da einfach befreit haben und das ganze Haus auf den Kopf stellen? Auf jeden Fall sind es ziemlich gewitzte, denn so sehr Finn sich auch beeilt, um sie mit der Hilfe seines treuen Hundes Sepp wieder einzufangen, sie entkommen ihm immer wieder. Und am Ende des Buches sind wir LeserInnen dafür auch sehr dankbar. Warum wird hier aber natürlich nicht verraten.

Auf großen Panoramadoppelseiten zeichnet Peter Goes ein wimmeliges Wirrwarr der Verfolgungsjagd. Jede Doppelseite wird von einer Farbe in Kombination mit schwarzen und weißen Elementen dominiert, so dass eine düster-mysteriös-geheimnisvolle Atmosphäre entsteht. Durch die Farbgebung und die geschwungen-phantasievollen Formen erhält dieses Wimmelbuch zudem eine höhere Suchkomplexität als so manche andere dieser Bücher auf dem Markt. Mit kleinen Texten werden wir durch die Geschichte geführt und mitgerissen. Auf jeder Seite gibt es wiederkehrende Elemente, die es zu suchen gilt, genauso wie Wege durch Irrgärten, alte Drachen oder besondere Tropfsteine. Wer Finn helfen will, muss ganz schön gut hinschauen.

Dass sich die spannende Geschichte am Ende in Wohlgefallen auflöst, macht das Buch umso lesens- und durchsuchenswerter, denn die aufgebaute Spannung wird originell und harmonisch aufgefangen. Es ist eine wundersame Welt, die Peter Goes für Finn und seine Kobolde geschaffen hat. Wie schön, dass wir daran teilhaben dürfen! Für Freundinnen und Freunde von Wimmelbüchern dürfte dieses hier eine sehr tolle Abwechslung zum sonst üblichen Stil sein, die auch Erwachsene ganz neu herausfordert. 5 Sterne.

Saskia Geisler aus der Bilderbuchredaktion

Auf keinen Fall Prinzessin

Bilderbuch ab 4
von Grzegorz Kasdepke
illustriert von Emilia Dziubak
übersetzt von Esther Kinsky
Fischer Sauerländer 2018

Oha, was für ein furchtbarer Drache da mim Wohnzimmer haust! Furchteinflößend und brutal ist er, da gibt es keinen Zweifel. Dabei ist der Drache eigentlich recht klein und heißt Marie. Marie, von der ihre Oma denkt, dass sie doch eigentlich viel besser geeignet wäre, die schöne Prinzessin zu spielen. Aber davon will die kleine Heldin der Geschichte absolut nichts wissen. Viel lieber kommandiert sie ihre Mutter als Prinzessin in den Turm, die Großeltern als verspeiste Skelette auf den Teppich und frisst immer und immer wieder ihren Papa auf, der sich wahrhaftig als Ritter nicht gerade besonders geschickt anstellt beim Versuch, die Prinzessin zu befreien.

Das Fantastische an dieser Geschichte ist, dass sie nicht nur alternative Rollenmodelle aufzeigt, sondern vielmehr die aktive Aushandlung dieser Rollen vorführt. Denn Omas Entsetzen über die Spielvorlieben ihrer Enkelin kommen ja nicht von ungefähr. Auch Mamas Langeweile, die durch ihre Aufgabe als brave, wartende Prinzessin entsteht, zeigt uns jede Menge über das Idealbild einer Prinzessin. Zu diesem wirklich schlauen, immer wieder augenzwinkernden und zum Kichern einladenden Plot von Grzegorz Kasdepke schaffen die Illustrationen von Emilia Dziubak ein tolles Vexierspiel zwischen Fantasiewelt und gespielter Realität, zwischen echtem und Kostümdrachen.

Es ist zu bewundern, dass Maries ganze Familie so intensiv mit ihr spielt und sie selbst ihre Vorlieben erkennen lässt. Und es ist Kasdepke und Dziubak zu danken, dass sie mit diesem wunderbaren Bilderbuch diese großartige Familie in unsere Häuser bringen. Möglich, dass damit auch viele kleine Drachen in unsere Wohnzimmer geraten und wir demnächst nur noch als Skelette auf den Teppichen liegen. Aber wer weiß, vielleicht werden auch unsere Drachen am Ende so wunderbar kuschelig wie der, der eigentlich Marie heißt? Auf keinen Fall Prinzessin! ist jedenfalls ein so witzig-warmherziges Buch, das es wirklich jedem kleinen und großen Menschen rundum zu empfehlen ist! 5 Sterne.

Saskia Geisler aus der Bilderbuchredaktion

Foto: Pixabay

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