Andreas Hüging

10 Fragen an Andreas Hüging

Uns alle verbinden gute Geschichten und die Leidenschaft, Kinder und Jugendliche für diese zu begeistern. Im Rahmen der Bücherkinder-Interview-Reihe möchte ich diese Menschen vorstellen.

Andreas Hüging
© Isabelle Grubert

Wer sind Sie und wie sieht Ihre Arbeit mit Kinderbüchern aus?
Zwanzig Jahre bin ich als Musiker durch die Welt getourt, seit etwa fünf Jahren schreibe ich Kinderbücher, eins für Jugendliche war auch schon dabei. Auch mit den Büchern reise ich durchs Land, mache pro Jahr bis zu hundert Lesungen in Schulen, Bibliotheken und Theatern, immer mit viel Musik und Aktion. In den Reise-Pausen, denke ich darüber nach, was ich als Nächstes schreiben möchte. Aber die Pausen werden immer rarer. Ich liebe es unterwegs zu sein, schreiben gelingt mir jedoch nur in völliger Ruhe. Seltsamerweise klappt das mitten in der Großstadt am besten. Zumeist in Berlin oder Budapest.

Wie würden Sie sich aktuell in drei Hashtags (#) beschreiben?**
#midlife #wiedermalallesneu #happy

Welches Buch liegt derzeit ganz oben auf Ihrem Nachttisch und warum?
Ich muss gestehen, kein großer Leser zu sein. Niemand liest langsamer als ich – jeden Satz drei oder mehrere Male. Es gibt jedoch Autoren, die mich schnell und wie besessen lesen lassen, und dazu zählt Dennis Lehane. Auf dem Nachttisch liegt gerade sein neuester Roman, Der Abgrund in dir. Es überrascht mich immer wieder, wie intelligent seine Storys gewoben sind. Ob mir das je so gelingt?

Wie beeinflusst Ihre Arbeit mit bzw. für Kinder und Jugendliche Ihre Sicht auf die heutige Gesellschaft und unsere Welt?
Als Autor und Musiker neigt man zur Abkapselung. Man baut so selbstbestimmt wie möglich an seinem kleinen Kosmos, um so frei wie möglich zu leben, ohne dabei zu verhungern. Da ist der Austausch mit den vielen jungen Lesern und Zuschauern ein großes Geschenk für mich. Jeder einzelne ist eine Welt für sich und hat ein Recht gesehen und gehört zu werden. Anfangs war ich unsicher, ob wir überhaupt dieselbe Sprache sprechen. Inzwischen weiß ich, dass sich nicht so viel geändert hat, seit ich selber Kind war. Wir waren nicht aufmerksamer, freundlicher, respektvoller oder neugieriger als die jungen Menschen heute. Das wird wohl von Generation zu Generation so geunkt. Die Welt und die Menschen ändern sich nicht so schnell, und das tröstet mich ungemein.

Was ist die treibende Kraft, auch weiterhin was mit Kinderbüchern zu machen?
Wenn Freunde sagen, sie könnten jederzeit etwas ganz anderes in ihrem Leben beginnen, dann trifft das auf mich nicht zu. Sobald ich entschlossen bin, lege ich los, dann geht nichts anderes. Ich lerne täglich mehr übers Schreiben und wie man Geschichten erzählt, damit sie bei den kleinen und großen Lesern ankommen. Dinge wirklich zu durchdringen, braucht eben sehr viel Zeit und die nehme ich mir. Zudem wird es für mich mit jedem Jahr wichtiger, meine Zeit so sinnvoll wie möglich zu gestalten. Und was könnte sinnvoller sein, als seine Ideen und Erfahrungen mit jungen Menschen zu teilen? Außerdem lache ich mich gerne mit den Kids zusammen schlapp.

Wie begeistern Sie potenzielle Nichtleser für das Buch?
Indem ich sie in Ruhe lasse, sonst verschließen sie sich noch mehr. Bei meinen Lesungen wird glaube ich deutlich, dass ich eins bin mit den Geschichten, die ich schreibe. Ich liebe meine Figuren und ich liebe meine Arbeit. Das kann ansteckend sein und weckt auch bei Nichtlesern Neugier. Junge Menschen sehnen sich nach Individualität, die staunen dann, wenn Bücher ein Weg dorthin sein können. Und manchmal geschieht ein Wunder …

Was macht für Sie ein gutes Kinderbuch aus?
Da unterscheide ich nicht sehr zwischen Kinder- und Erwachsenenliteratur. Ich mag schnelle Geschichten – nicht so gern übertrieben genaue Beschreibungen. Wozu habe ich schließlich eigene Fantasie? Der Plot muss tricky und überraschend sein. Ist ein Autor so mutig, den Sinn von Katastrophe, Unsicherheit und Neubeginn zu vermitteln, bin ich ehrlich begeistert. Auch die schrägste Figur sollte wertfrei und respektvoll erschaffen und beschrieben werden. Dann kann nicht mehr viel schiefgehen, oder?
Ganz besonders schätze ich die Arbeit der Illustrator*innen. Es ist mir immer wieder unbegreiflich, wie sie Welten sichtbar machen, die vorher nur aus Buchstaben bestanden haben. Chapeau!

Wie hat sich Ihre Arbeit mit fortschreitender Digitalisierung verändert?
Ich habe erst nach der Digitalisierung zu schreiben begonnen. Als Musiker musste ich schon eine ganze Weile zuvor umlernen. Die neuen Techniken haben Chancen gebracht, aber Fakt ist, dass es kaum noch professionelle Musiker gibt. Ich hoffen, diese Entwertung von echtem Können und Inhalten kehrt sich irgendwann um. Denn mehr Technik schafft weder mehr Freiräume, noch erfindet Technik spannende Geschichten, oder schreibt gute Songs. Darf ich ehrlich sein? Ich mag das echte Leben, und je schlechter meine Augen werden, umso mehr meide ich Computer.

Welche sozialen Netzwerke nutzen Sie und warum?
Auf Facebook sehe ich, was Freunde und Bekannte beruflich so treiben, ganz gleich, wo die wohnen. Das finde ich oft sehr erfrischend. Und alle die’s interessiert, halte ich dort über meine Aktivitäten auf dem neuesten Stand. Mein Lesepublikum ist zu jung für Facebook – oder Facebook zu alt. Auf Instagramm bin ich theoretisch auch, aber das läuft ja meist übers Handydisplay und, wie gesagt, meine Augen!

Mit welchem Kinderbuchmenschen sollten wir dieses Interview unbedingt mal führen?
Billy Bock! Ein wunderbare Kinderbuch-Illustratorin, Freundin und Nachbarin in Weißensee. Ein großes Talent mit noch größerem Herz.
Und Cornelia Bley-Rediger! Unermüdlich kümmert sie sich in Fürth um Leseförderung, organisiert Lesegruppen und Autoren-Lesungen. Sie hat eine großartige Familie und arbeitet ganz nebenbei in der Stadtbibliothek. Klasse, nochmal Chapeau!


Webseite von Andreas Hüging
Titelfoto: © Privat

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